• Am 30. April 2025 veröffentlichte das Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung einen Entwurf zur Änderung des Universitätsgesetzes 2002 (UG) und des Bildungsdokumentationsgesetzes 2020. Mit der Veröffentlichung begann zugleich die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen – diese war mit nur 9 Kalendertagen (6 Werktagen) extrem kurz angesetzt.

    Wir stellen die geplanten Änderungen vor und fassen die aus unserer Sicht wichtigsten Stellungnahmen zusammen.

    Zentrale Inhalte des Gesetzentwurfs:

    • Vereinfachtes Aufnahmeverfahren für Forscherinnen und Forscher aus den USA
    • Einführung eines amtlichen, einheitlichen digitalen Ausweises für alle Studierenden.
    • Aufbau eines bundesweiten Registers und neuer Schnittstellen zur Digitalisierung und Effizienzsteigerung administrativer Prozesse.
    • Lockerungen bei der Vergabe gemeinsamer Diplome in europäischen Studienprogrammen.
    • Anpassungen zur Umsetzung des neuen Informationsfreiheitsgesetzes

    Inhalte der Stellungnahmen:

    Begutachtungsfrist
    Zahlreiche Institutionen wie die TU Wien die ÖH und auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes betonen die Unangemessenheit der kurzen Begutachtungsfrist, die eine fundierte und breite Auseinandersetzung mit den geplanten Gesetzesänderungen de facto unmöglich macht (üblicherweise beträgt die Begutachtungsfrist für Gesetzesnovellen zumindest sechs Wochen) - für die aktuelle Novelle waren wie eingangs dargestellt lediglich 9 Kalendertage vorgesehen.

    Kettenvertragsregelung
    Der Universitätslehrerverband (ULV) nahm die geplante Novellierung zum Anlass, auf ein vermehrt auftretendes Problem in Zusammenhang mit der Kettenvertragsregelung hinzuweisen und eine entsprechende Änderung anzuregen. Die Stellungnahme des ULV kritisiert insbesondere die Anrechnung geringfügiger Beschäftigung während Elternkarenz auf die Befristungsdauer im Wissenschaftsbetrieb und fordert eine klare gesetzliche Regelung zu deren Ausschluss, um hier die Gleichstellung und soziale Fairness zu sichern.

    Informationsfreiheit und Einsichtsrechte
    Die Novelle will die Bestimmungen des neuen IFG in das UG integrieren und sieht neue Regelungen zur Akteneinsicht und Veröffentlichungspflichten vor. Die Stellungnahmen der TU Wien und des BKA weisen auf Unklarheiten im Verhältnis von UG und IFG hin - besonders wird auf die Problematik hingewiesen, ob einzelne Universitätsorgane oder die gesamte Universität informationspflichtige Stelle sind, und wie mit sensiblen Dokumenten (z.B. Gutachten in Berufungsverfahren) umzugehen ist.

    Aufnahme amerikanischer Wissenschafter - "Opportunity Hiring"
    Ein wesentlicher Teil der Novelle ist die befristete Sonderregelung für die Anstellung von Forscherinnen und Forschern, die derzeit in den USA tätig sind. Während die meisten Stellungnahmen grundsätzliche Offenheit für diese Regelung zeigen, wird vielfach kritisiert, dass die Regelung zu eng auf die USA zugeschnitten ist und auch Talente aus anderen Staaten adressiert werden sollten.

    Studienzulassung für Drittstaatsangehörige
    Insbesondere die TU Wien fordert hier strengere Regelungen für die Zulassung und bessere Möglichkeiten zur Steuerung des Zustroms internationaler Studierender – u.a. durch:

    • Höhere sprachliche Mindeststandards
    • Verpflichtung zu vollständigen Anträgen (sofortige Zurückweisung unvollständiger Bewerbungen),
    • Begrenzung der Anzahl der möglichen Zulassungsanträge pro Person und Zulassungsfrist,
    • Einführung von Aufnahmeverfahren auch für englischsprachige Bachelorprogramme.


    Datenschutz
    Das BKA verweist auf offene Fragen beim Datenschutz und auf zahlreiche legistische Unschärfen und empfiehlt, die Umsetzung sorgfältiger zu gestalten und die vorgesehenen Anpassungen besser mit bestehenden Normen abzustimmen.

     

    Die Frist zur Stellungnahme endete am 10. Mai 2025, die endgültige Beschlussfassung im Nationalrat steht damit noch aus. Von der MedUni Wien wurde keine Stellungnahme abgegeben.

  • Die Ankündigung von Donald Trump, Zahlungen – unter anderem – an die Harvard University zu blockieren, hat international für Aufsehen gesorgt. Ohne an dieser Stelle auf die dafür vorgebrachten Gründe oder auf die grundsätzliche Frage einzugehen, in welchen Themenbereichen staatliche Vorgaben an Universitäten zulässig sein sollten, fällt vor allem eines auf: die enormen Summen, die in den Medien kolportiert werden. Die Rede ist von rund 2,3 Milliarden US-Dollar bereits blockierter Mittel; in Aussicht gestellt wurde sogar die Streichung von bis zu 9 Milliarden US-Dollar an Bundeszuschüssen und -aufträgen für Harvard.

    Harvard ist eine private Hochschule, welche sich zu einem beträchtlichen Teil durch Studiengebühren finanziert (siehe später in diesem Beitrag). Die (in Zusammenhang mit der Streichung angeführten) "staatlichen Mittel" sind im wesentlichen tatsächlich Drittmittel für Forschung über Bundesbehörden wie das NIH (National Institutes of Health), die NSF (National Science Foundation) oder das Bildungs- und Verteidigungsministerium.

    Diese Drittmittel machen rund 10–15 % der Harvard-Einnahmen aus, daneben gibt es indirekte staatliche Förderungen. Als gemeinnützige Bildungsinstitution genießt Harvard etwa umfassende Steuervorteile: Einkünfte (z. B. aus dem Stiftungsvermögen, welches mit über 50 Milliarden US-Dollar das größte Universitäts-Stiftungsvermögen der Welt darstellt) sind weitgehend steuerbefreit, und Spenden an Harvard können von der Steuer abgesetzt werden. Darüber hinaus fließen Bundesgelder über Studierende an Harvard, wenn Studierende staatliche Stipendien oder vom Bund garantierte Studiendarlehen nutzen.

    Ausbildungsstruktur und Kosten

    Harvard Medical School ist eine Graduate School – das Medizinstudium dort setzt einen abgeschlossenen Bachelor voraus. Ein angehender Arzt in den USA durchläuft klassisch zunächst 4 Jahre College (Bachelor) und anschließend 4 Jahre Medical School, wonach der MD (Doctor of Medicine) verliehen wird. In Summe sind das also rund 8 Studienjahre ab High-School-Abschluss. Bei den Studienkosten gehört das Studium an Harvards Medical School zu den teuersten der Welt: jährlich fallen hier rund 70.000 US-Dollar an, hinzu kommen weitere Gebühren (Krankenversicherung, Campus-Service..) – in Summe liegt die jährliche Gesamtkostenbelastung für einen Harvard-Medizinstudenten damit bei über 100.000 $

    Im Vergleich: Medizinische Privatuniversitäten in Österreich weisen eine vorgesehene Studiendauer von 5 (Paracelsus) oder 6 Jahren mit Bachelor/Masterarchitektur auf, die Studiengebühren liegen aktuell an der PMU Salzburg wie auch an der Karl Landsteiner Privatuni (Humanmedizin) bei rund 21.000 € pro Jahr

    Abschließend noch ein Größenvergleich: laut verfügbaren Zahlen sind in Harvard aktuell 21000 Studierende eingeschrieben (UniWien: ~80000, MedUni Wien: ~8000).

  • Welche konkreten Punkte zu Wissenschaft und Universitäten finden sich im Regierungsprogramm der neuen Türkis-Rot-Pinken Koalition? Die Universitätenkonferenz (Uniko) zeigt sich dazu grundsätzlich höflich, kritisiert jedoch die untergeordnete Rolle von Wissenschaft und Forschung in den Regierungsverhandlungen – wir fassen die (derzeit absehbar) wichtigsten Inhaltspunkte und die Stellungnahmen der Uniko dazu zusammen.

    • Die Wissenschaftsagenden wurden aus dem Bildungsbereich herausgelöst und ins Frauenministerium überführt (was im universitäre Bereich bestenfalls für gemischte Reaktionen sorgte)
    • Ein zentraler Punkt ist die geplante Profilbildung und Neuausrichtung der Pädagogischen Hochschulen (PH). Laut Regierungsprogramm sollen die 14 PHs und die Lehramtsbereiche der Universitäten organisatorisch stärker vernetzt und nach dem Modell der Schools of Education weiterentwickelt werden. Die Uniko warnt hier vor einer Ausweitung bestehender Doppelstrukturen und plädiert für eine stärkere Integration der Lehramtsausbildung an den Universitäten statt einer weiteren Verselbstständigung der PHs.
    • Besonders umstritten ist die im Koalitionsvertrag vorgesehene Prüfung eines Promotionsmodells für Fachhochschulen. Die Universitäten lehnen dies strikt ab, da sie befürchten, dass dadurch die Qualität wissenschaftlicher Standards gefährdet wird und eine unnötige Parallelstruktur entsteht.
    • Ein weiteres Thema ist die zukünftige Handhabung von Zugangsbeschränkungen. Die Regierung plant eine Grundsatzrevision der bestehenden Regelungen, ohne jedoch klare Details zu nennen. Die Uniko spricht sich für eine Beibehaltung und mögliche Ausweitung der Zugangsbeschränkungen aus, da diese sich laut der Vorsitzenden der UniKo bewährt hätten.

  • An der Universität Ferrara müssen nun 362 Psychologiestudierende eine Prüfung wiederholen, nachdem diese "ungewöhnlich gut" ausgefallen war und damit messerscharf der Schluss gezogen wurde, dass sich die Studierenden von Künstlicher Intelligenz helfen hatten lassen.

    Da begreiflicher weise nicht eruierbar war, wer mit natürlicher und wer mit künstlicher Intelligenz brilliert hatte (umso mehr als es sich um einen simplen Multiple Choice Test gehandelt hatte), entschied die Universitätsleitung, die Prüfung für alle Beteiligten zu wiederholen – diesmal unter Bedingungen, die externe Hilfsmittel ausschließen.

    Die Entscheidung der Universität, eine Prüfung rein aufgrund eines "zu guten" Ergebnisses zu wiederholen ist umso bemerkenswerter, als der Vorwurf der Nutzung illegaler Hilfsmittel - ohne weitere Evidenz – auf rechtlich mehr als wackeligen Beinen steht. Diesseits von Brenner und Semmering hätte man sich wohl per Presseaussendung über die hohe Qualität der Studienleistungen gefreut…

  • Italien plant, vom Modell der Aufnahmeprüfungen für das Medizinstudium abzurücken

    Ab dem Studienjahr 2025/2026 sollen Studieninteressierte ohne vorherige Tests mit dem Studium beginnen können und nach dem ersten Semester eine nationale Rangliste - basierend auf den erzielten Prüfungsergebnissen - entscheiden, wer das Studium fortsetzen darf. Studierende, die nicht weiterkommen, können in verwandte Studiengänge wechseln, wobei ihre bisherigen Leistungen anerkannt werden. Zudem ist eine Erhöhung der Studienplätze von 20.000 auf 25.000 geplant.

    Der italienische Senat hat diesen Gesetzentwurf bereits mit 87 Ja-Stimmen, 40 Gegenstimmen und 18 Enthaltungen angenommen. Die endgültige Genehmigung durch die Abgeordnetenkammer steht noch aus.

     

    Ohne den Andrang von StudienwerberInnen aus einem gleichsprachigen, großen Nachbarland mag ein solches Modell funktionieren und aufgrund fachspezifischer Auswahlkriterien eine zweifellos bessere Option darstellen, als anhand eines Aufnahmeverfahrens zu selektionieren, bei dem in keiner Weise erwiesen ist, dass es die (fachlich) intendierten Ziele tatsächlich erreicht.
    Aber wirklich interessant wird es, wenn man die geplante Erhöhung (und auch den ist-Zustand) auf 25.000 Studienplätze auf die Bevölkerung hochrechnet: dann erreicht Italien mit 4.2 Medizin-Studienplätzen pro 10.000 Einwohner den doppelten Wert von Österreich.

  • Kein Jahr ohne Aufregung um den Aufnahmetest für das Medizinstudium an den öffentlichen österreichischen Universitäten (MedAT). War der MedAT 2020/21 durch einen 120-seitigen Rechnungshofbericht in die Schlagzeilen geraten (siehe in unserem Blog: Rechnungshof zu Med-AT: schwere Malversationen), wurde 2022 ein eigenes Kontingent für das Österreichische Bundesheer geschaffen - ein Maximalkontingent von 10 vom Bundesheer namhaft zu machenden Personen, für welche eine reduzierte "Bestehensgrenze" gilt.

    Wir berichteten dazu im Februar 2022 mit den Worten: "Dies ist an Absurdität kaum zu überbieten (wobei man mit solchen Aussagen vorsichtig sein muss)…".
    WIE Vorsichtig man mit solchen Aussagen sein muss, zeigt die aktuelle Entwicklung wo nun (bislang als Fantasien der Landeshauptleute wahrgenommene) Forderungen nach der Einführung von "Bundesländer-Quoten" tatsächlich umgesetzt werden dürften – "Reservierte Medizin-Studienplätze gegen Ärztemangel".

    Die unter dem Schlagwort des öffentlichen Interesses argumentierte Idee, über "gewidmete Studienplätze" und einen "Ausbildungszuschuss" diese (dann) Ärzte vertraglich an eine ärztliche Tätigkeit im jeweiligen Bundesland zu binden steht nicht nur im Widerspruch zu jedem Fairness- und Qualitätsanspruch, sondern stellt auch einen Störfaktor für zukünftige Verhandlungen zur Beibehaltung der "Österreicher-Quote" beim Aufnahmeverfahren dar. Dessen ungeachtet- diese Idee dürfte schon heuer umgesetzt werden. Vorarlberg freut sich medial schon über zwei (2) Plätze aus dieser Quote.

  • Um dem angeblichen Mangel an ÄrztInnen entgegenzuwirken, wurden in Österreich für das Wintersemester 2024/2025 85 gewidmete Medizinstudienplätze geschaffen. Diese Plätze waren für BewerberInnen reserviert, die sich verpflichteten, nach ihrem Studium für eine bestimmte Zeit im öffentlichen Interesse zu arbeiten, beispielsweise bei der Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK, in bestimmten Bundesländern oder bei Institutionen wie dem Bundesheer und der Polizei. Im Gegenzug für eine solche Verpflichtung wurden Stipendien zugesagt sowie eine (deutlich) niedrigere Bestehensgrenze beim Aufnahmetest zugesagt.

    War schon die Grundidee solcher Quoten absurd und die Umsetzung mittels herabgesetzter Bestehensgrenzen (im besten Fall) fahrlässig, erwies sich nun auch das Ergebnis der Umsetzung als desaströs: von den 85 verfügbaren Plätzen konnten nur 49 besetzt werden, da ein signifikanter Anteil der StudienwerberInnen auch die herabgesetzte Punktzahl nicht erreichte. Beispielsweise konnte die ÖGK nur sechs der 13 vorgesehenen Plätze besetzen. Besonders problematisch war die Situation für das Innenministerium, das alle drei geplanten Plätze unbesetzt lassen musste - kein einziger Bewerber erreichte die notwendige Leistung.

    Die nun vorliegenden desaströsen Resultate sind die direkte Folge einer ahnungs- und perspektivlosen Hochschulpolitik, in der sich die Bundespolitik von Partikularinteressen vereinnahmen lässt und damit zusätzlich die universitäre Autonomie untergräbt. Es wäre absehbar sinnvoller (gewesen), erfolgreichen AbsolventInnen des regulären Aufnahmetests nachträglich Verträge oder Stipendien anzubieten, die sie zur Tätigkeit im öffentlichen Interesse verpflichten.

    Wie man die (wohlgemerkt: durch absolut nichts erwiesene) Aussagekraft eines Aufnahmeverfahrens propagieren kann und gleichzeitig eine Teilgruppe der StudienwerberInnen von den essentiellen Spielregeln dieses Verfahrens ausnehmen kann, erschließt sich selbst dem wohlwollendsten Betrachter nicht.

  • Laut einer Untersuchung des Rechnungshofs lassen sich jährlich 21 Prozent der AbsolventInnen eines Medizinstudiums an den Universitäten Wien, Graz, Linz und Innsbruck nicht in die österreichische Ärzteliste eintragen. Berücksichtigt man zusätzlich jene AbsolventInnen, die sich zwar eintragen lassen, aber dann nicht ärztlich tätig werden – etwa weil sie in die Forschung oder Pharmaindustrie wechseln –, steigt der Anteil der nach dem Studium nicht in Österreich praktizierenden MedizinerInnen auf 31 Prozent.

    Laut Ärztekammer ist die Abwanderung unter deutschen Studienabsolventen besonders ausgeprägt: von den durchschnittlich 216 deutschen AbsolventInnen pro Jahr blieben nur 45 als ÄrztInnen in Österreich, was einer Abwanderungsrate von stolzen 79 Prozent entspricht.

    Angesichts dieser Entwicklungen empfiehlt der Rechnungshof, dass das Gesundheitsministerium, das Wissenschaftsministerium, die Medizinischen Universitäten, die Ärztekammer, die Bundesländer und die Sozialversicherung Maßnahmen setzen sollten, um die ärztliche Ausbildung und Berufstätigkeit in Österreich attraktiver zu gestalten. Dazu zählen insbesondere eine höhere Ausbildungsqualität nach dem Studium, eine schnellere Zuweisung zu Facharztausbildungsstellen und bessere Verdienstmöglichkeiten.

    Betrachtet man auch die Mobilität in die umgekehrte Richtung – also den Zuzug ausländischer ÄrztInnen, so können diese die Abwanderung österreichischer Medizinstudierender nur teilweise ausgleichen. Laut Zahlen des Rechnungshofs ließen sich zwischen 2008 und 2019 2.225 ÄrztInnen mit ausländischem Abschluss in die österreichische Ärzteliste eintragen, von denen Anfang 2020 noch 1.775 aktiv tätig waren. Der Nettoverlust an ÄrztInnen verringerte sich durch diesen Zustrom von den oben angeführten 31 auf 20 Prozent.

  • Der RH überprüfte von Mai bis Oktober 2019 Rahmen- und Vertragsbedingungen in Zusammenhang mit dem umstrittenen Zulassungstest Med-AT. Geprüft wurde an den Medizinischen Universitäten Graz, Innsbruck und Wien, an der Universität Linz, der Universität Graz sowie im Bundesministerium; der überprüfte Zeitraum umfasste die Studienjahre 2013/14 bis 2018/19.
    Das Ergebnis (Link zum 120-seitigen Originalbericht) ist überaus lesenswert und zeigt eine eindrucksvolle Ansammlung von Missständen und Verfehlungen der beteiligten Partneruniversitäten – auch die Verantwortlichen der MedUni Wien kommen hier nicht gut weg (rechtlich nicht gedeckte finanzielle Überweisungen durch die MedUni Wien, Nichtbeachtung des Urheberrechts etc.):

    • Fehlen von Verträgen und Vereinbarungen
    • Vergabe von Aufträgen ohne Ausschreibung
    • gesetzlich nicht zulässige Zahlungen der MedUni Wien im Umfang von € 150.000.-
    • Rechtlich nicht gedeckte Aufnahme von Studienwerbern durch die MedUni Innsbruck
    • Qualitative Mängel an den Testfragen
    • für den RH „nicht nachvollziehbare“ Kosten für die Erstellung von Testfragen: 3.000 EUR je Untertest je Universität sowie 6 EUR je StudienwerberIn (!)

    Auffallend war die universitäre Reaktion auf das Aufzeigen qualitativer Mängel bei den Testfragen: auf diese gravierenden Vorwürfe an die Grazer Testentwickler (!) bemüßigte sich die MedUni Wien (!) zu einer Replik: es stünde (..) die Darstellung des Sachverhalts und die Beurteilung durch den RH nicht im Einklang mit den gebotenen wissenschaftlichen Standards und den Grundsätzen guter wissenschaftlicher Praxis.
    Die nüchterne Antwort des Rechnungshofs darauf sollte man gründlich lesen: „Der RH gab in seinem Prüfungsergebnis wie auch im vorliegenden Bericht lediglich die Feststellungen des Institutsleiters wieder. Die Mängel zu den Testfragen stellte nicht der RH, sondern der Institutsleiter der Universität Graz selbst fest, obwohl er auch die Testfragen entwickelt hatte.“

  • Teil zwei unserer kommentierten Zusammenfassung der geplanten Novelle des Universitätsgesetzes, diesmal zu den organisationsrechtlichen Änderungen.
    Was soll hier die Zukunft bringen? Manche der beabsichtigten Änderungen unterwandern (wieder einmal) die Autonomie der Universitäten - so sollen Kreditaufnahmen durch Universitäten nur nach Genehmigung durch das Ministerium möglich sein, der Entwicklungsplan soll sich an den Leistungsvereinbarungen orientieren (!) wodurch er de facto komplett der Mitbestimmung durch den Senat (als einzig demokratisch legitimiertes Leitungsgremium der Universität) entzogen wäre.
    Die "Abkühlphase" für ehemalige Politiker (dürfen erst nach 4 Jahren einem UniRat angehören) soll nun auch auf ehemalige Rektoren ausgedehnt werden.
    Und in Berufungskommissionen sollen künftig auch Angehörige anderer Universitäten oder postsekundärer Bildungseinrichtungen vertreten sein können.

    Entwicklungsplan

    • Der Entwicklungsplan soll nun mittels rollierender Planung für die zwei kommenden Leistungsvereinbarungsperioden erstellt werden und hat sich "an Inhalt und Aufbau der Leistungsvereinbarung zu orientieren".

    Letzteres ist insofern bedenklich (und absurd), als der Entwicklungsplan ein universitätseigenes Instrument darstellt in dessen Erstellung und Beschluss alle Leitungsorgane der Universität (Rektorat, Senat, UniRat) eingebunden sind. Jede "Orientierung" an einer (vom Rektor mit dem Ministerium geschlossenen) Leistungsvereinbarung beschränkt die Mitwirkung der universitären Leitungsorgane stark und stellt letztlich einen Eingriff in die Universitätsautonomie dar.

    • Der Entwicklungsplan hat weiters neben einer Beschreibung der Personalentwicklung und Personalstrategie auch die Zahl der UniversitätsprofessorInnen gemäß §§ 98 und 99 zu beinhalten sowie die Anzahl jener Stellen, die für eine Qualifizierungsvereinbarung "in Betracht kommen".

    Dass im Entwicklungsplan nun auch die Professuren nach §99 enthalten sein sollen, ist an sich begrüßenswert da diese Professuren an der MedUni Wien bislang unter größtmöglicher Vertraulichkeit und ohne strukturelle bzw. universitätsstrategische Notwendigkeit vergeben wurden. Das Grundproblem dieser Professuren wird damit jedoch nicht gelöst: nämlich die fehlende Transparenz bei Ausschreibung (die fehlt auch bei §98) und Besetzung (freihändige Vergabe durch den Rektor).
    Die Unverbindlichkeit der Formulierung "für eine QV in Betracht zu kommen" lässt die Sinnhaftigkeit einer solchen Regelung nicht erkennen. Die Karriereplanung des Mittelbaus wird dadurch sicher nicht gefördert.

    Universitätsrat:

    • Für Mitglieder des UniRats soll auch künftig die schon bestehende vierjährige Sperrfrist für ehemalige Politiker gelten. Zusätzlich soll diese auf die Rektoren (nicht aber Vizerektoren) der jeweiligen Universität ausgedehnt werden. Weiters sollen im UniRat künftig keine Mitglieder der Schiedskommission der Universität und keine Mitglieder eines obersten Organs einer anderen Universität vertreten sein.

    Bislang war es erlaubt, dass Senatsmitglieder einer Universität in "fremden" Uniräten saßen und - auch hier war die MedUni Wien unrühmlicher Vorreiter - es war gesetzlich auch nicht untersagt als Vizerektorin der MedUni Wien im UniRat einer anderen (durchaus konkurrierenden, in diesem konkreten Fall MedUni Innsbruck) Universität zu sitzen. Also eine eindeutig notwendige Modifizierung. Dass ehemalige Rektoren hier zumindest eine "Abkühlphase" durchmachen müssen bevor sie an der eigenen Universität UniRat werden können, scheint vernünftig.

    • Die Mitglieder des Universitätsrats erhalten für ihre Tätigkeit eine Vergütung des Zeit- und Arbeitsaufwandes, die vom Universitätsrat festzusetzen ist. Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat durch Verordnung Obergrenzen für die Vergütung festzusetzen, wobei für Gruppen von Universitäten unterschiedliche Obergrenzen festgelegt werden können.

    Neu ist hier nur die beabsichtigte Einführung einer Obergrenze, damit ist das eine halbherzige Augenauswischerei anstatt am völlig absurden Grundproblem anzusetzen welches lautet: Der UniRat setzt weiterhin sein eigenes Gehalt fest.

    Genehmigungsvorbehalt des Ministeriums bei Krediten

    • Vor dem Eingehen von Haftungen oder vor der Aufnahme von Krediten ab einer Betragsgrenze von 10 Millionen Euro soll zukünftig die Zustimmung der Bundesministerin oder des Bundesministers einzuholen sein.

  • In der Begutachtungsphase befindet sich eine Novelle des Universitätsgesetzes - wir fassen hier kurz kommentiert zusammen, was an Neuerungen geplant ist. Nicht nur aufgrund der besseren Lesbarkeit teilen wir diesen Überblick in die unterschiedlichen Thematiken (Studium, Organisationsrecht, Personalrecht).
    Den Originaltext dieser Novelle haben wir unter AMM/Links als pdf zur Verfügung gestellt. In diesem ersten Teil also die beabsichtigten Änderungen im Studienrecht. Interessant (wenn auch nicht auf den ersten Blick ersichtlich): die Zahl der Studienplätze im Bereich der Human- und Zahnmedizin soll erhöht werden (selbst wenn man einen Vollausbau von Linz einrechnet). Weiters: halbherzige Bestimmungen zu studentischen Plagiaten, "Prüfungseinsicht" nun auch für die Eignungstests im Rahmen der Aufnahmeverfahren und längere Passagen zur Studienplatzfinanzierung (die es aber nichts desto trotz auch weiterhin nicht geben wird). Das KPJ und Regelungen zur Aufwandsentschädigung sollen in das UG aufgenommen werden.

    Plagiarismus

    • Bei schwerwiegendem und vorsätzlichem Plagiieren oder schwerwiegendem und vorsätzlichem anderen Vortäuschen von wissenschaftlichen Leistungen im Rahmen von Abschlussarbeiten (Bachelorarbeiten) kann das Rektorat einen Ausschluss vom Studium für höchstens zwei Semestern (!) verfügen.

    Es bleibt völlig unklar, was mit dieser Regelung erreicht werden soll: ein Ausschluss vom Studium für (maximal) zwei Semester bei schwerem (wissenschaftlichen) Fehlverhalten hilft sicherlich nicht die gewünschte Kultur der StudienabsolventInnen der jeweiligen Universität zu sichern sondern stellt letztlich eine rein wirtschaftliche Sanktionierung dar.

    Studienplätze

    • Für die Studien der Human- und Zahnmedizin (aber entsprechende Regelungen /Zahlen werden auch für Psychologie sowie Veterinärmedizin angegeben) muss im Sinne einer bedarfsgerechten Studienplatzentwicklung eine Zahl von bis zu 2000 Studienplätzen für Studienanfängerinnen und –anfänger pro Studienjahr und Studienfeld österreichweit ansteigend zur Verfügung gestellt werden.

    "Bis zu" bezieht sich offenbar auf den Zeitrahmen bis zur Vollumsetzung (und nicht auf die tatsächlich umzusetzende Zahl). Die genannte Anzahl von Studienanfängern ist mit Linz (auch in der beabsichtigten Endausbaustufe) NICHT zu erreichen; hier klafft eine Lücke von zumindest 200 Plätzen. Es ist - nicht nur angesichts der aktuellen budgetären Rahmenbedingungen - völlig unklar wie eine solche Erhöhung der Zahl der Studienplätze umgesetzt werden soll. § 71d hilft hier auch nicht weiter, da demnach der Zugang ENTWEDER durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung ODER durch die Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung beschränkt werden kann.

    Rechtsschutz bei Prüfungen

    • Den Studierenden ist Einsicht in die Beurteilungsunterlagen und in die Prüfungsprotokolle zu gewähren (sechs Monaten ab Bekanntgabe der Beurteilung), dies umfasst explizit auch die Prüfungsfragen. Die oder der Studierende ist berechtigt, diese Unterlagen zu vervielfältigen. Vom Recht auf Vervielfältigung ausgenommen sind Multiple Choice-Fragen inklusive der jeweiligen Antwortmöglichkeiten.

    Das wahrhaft Interessante hier ist wahrscheinlich gar nicht die Frage, wieso MC Fragen von dieser Regelung ausgenommen sind, sondern eine Urheberrechtsfrage: die Urheberrechte der Prüfungsfragen liegen bei den Fragenautoren und um dieses Problem zu umschiffen, sehen die "neueren" Personalverträge an der MUW auch eine Abtretung dieser Rechte vor. Faktum ist aber, dass eine Vielzahl von Universitätslehrenden nach wie vor über dieses Urheberrecht an ihren Fragen verfügen, das Recht auf Vervielfältigung wird auch in diesem Zusammenhang zu diskutieren sein.

    • Im Zuge des Aufnahmeverfahrens muss ebenfalls Einsicht in die Beurteilungsunterlagen und in die Prüfungsprotokolle gewährt werden. Die Beurteilungsunterlagen umfassen auch die bei der betreffenden Prüfung gestellten Prüfungsfragen. Im Rahmen der Einsichtnahme ist auch eine individuelle Rückmeldung zur Beurteilung zu geben.

    Hier also Einsicht, aber keine Vervielfältigung. "Eine individuelle Rückmeldung zur Beurteilung" klingt nett, ist angesichts der enormen Anzahl von Studienwerbern jedoch völlig unpraktikabel.