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Demokratisches (Un)Verständnis

Dass österreichische Universitäten keine demokratischen Systeme darstellen, ist – zumindest dem Mittelbau - leidvoll bekannt. De facto wurde das in der Monarchie 1907 abgelöste Kurienwahlrecht in das Universitätsgesetz übernommen, wodurch 130 Professoren im 26-köpfigen Senat der MedUni Wien über 13 Sitze verfügen, während dem Mittelbau bei einer Kopfzahl von 4500 gerade einmal 6 (!) Sitze zugestanden werden.
So weit, so schlecht.
Dass der Mittelbau jedoch die einzige Kurie ist, welche an der MedUni Wien noch tatsächliche Wahlen abhält und alle anderen Kurien mit "Einheitslisten" (also ein einziger Wahlvorschlag als "Wahlmöglichkeit") antreten, ist mehr als ein Kuriosum - es ist ein bedenkliches Spiegelbild des universitären Selbst- und Demokratieverständnisses.

 

Wer sich im Universitätsgesetz die darin enthaltene Architektur der universitären Leitungsorgane näher ansieht, entdeckt ein (in seinen autoritären Grundzügen) strategisch wohldurchdachtes System von drei Leitungsorganen, welche sich in gewissem Ausmaß gegenseitig kontrollieren. Diese "Kontrolle" ist zu einem großen Teil darauf aufgebaut, dass ein Leitungsorgan das andere wählt – der Senat wählt den UniRat, der Unirat den Rektor (wobei er dabei an einen Dreiervorschlag des Senats gebunden ist), Unirat und Senat können gemeinsam einen bestehenden Rektor für eine weitere Amtszeit "verlängern", wenn sich dieser keinem Ausschreibungsverfahren stellen möchte, etc..

Problematisch sind in dieser Architektur mehrere Punkte: dass die intendierte Kontrolle zur (wie es der ehemalige Vorsitzende unseres Universitätsrates Erhard Busek formulierte) "strukturellen Korruption" verkommt (eine Hand wäscht die andere), dass völlig ungeniert politischer Einfluss auf die Universitäten ausgeübt wird (die Bundesregierung entsendet 2 Mitglieder in den - zu diesem Zeitpunkt dann vierköpfigen - UniRat), und – dass die Grundprinzipien des modernen Demokratieverständnisses nicht einmal ansatzweise erfüllt werden.

So stellt der Senat das einzige Leitungsorgan dar, in welchem alle Mitarbeiter-Gruppierungen der Universität vertreten sind (also der Mittelbau, das Allgemeine Personal, die Studierenden sowie die Professoren), die jeweiligen Personen resultieren (mit Ausnahme der Studierenden) aus einem direkten Wahlvorgang.

Nun resultiert aus einem direkten Wahlvorgang noch lange nicht Demokratie – siehe Einparteiensysteme oder, um ein besonders treffendes Beispiel aus der heimischen Geschichte zu nennen: das Kurienwahlrecht in der Monarchie (Cisleithanien) welches bis 1907 in Kraft war: verschiedene Kurien wählen, im Zielgremium ist jedoch pro Kurie eine vorbestimmte Anzahl von Sitzen fix reserviert, welche nichts mit den tatsächlichen Personenstärken (und damit abgegebenen Wahlstimmen) zu tun haben. So werden (kehren wir zurück zur Universität) in einem 26-köpfigen Senat 130 Professoren 13 Sitze zugestanden, während 4500 Angehörige des Mittelbaus über gerade einmal 6 (!) Sitze in diesem Gremium verfügen (und damit über gleich viele wie die Gruppe der Studierenden).
Also: auch ansatzweise kein demokratisches System. Aber immerhin ein pluralistisches System, welches das Instrument des Listenwahlrechts mit Leben erfüllt und welches seine Mandatare im freien Wettkampf der besten Ideen zwischen konkurrierenden Listen ermittelt?
Nicht an der MedUni Wien: Wie den Wahllisten für die ab 12. Juni stattfindenden universitären Wahlen zu Senat, Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen und KA-AZG VertreterInnen zu entnehmen ist, repräsentiert der Mittelbau die einzige Kurie, die noch "echte" Wahlen abhält – während hier für jedes der zu wählenden Gremien vier Listen zur Wahl stehen, haben sich Professoren wie auch das Allgemeine Personal zu "Einparteisystemen" reduziert: EINE einzige Liste steht "zur Wahl".
Ein demokratiepolitischer Niedergang, der in der österreichischen Universitätslandschaft seinesgleichen sucht - und der auch realpolitische Konsequenzen hat, da die 13 fix gesetzten ProfessorInnen sich dadurch erfahrungsgemäß allzu oft einer demonstrativen Einigkeit innerhalb ihrer Kurie verpflichtet fühlen – und sich damit eben nicht (immer) als unabhängige und frei gewählte Mandatare, sondern bisweilen als Echokammer der in Vorbesprechungen mit der gesamten Kurie akkordierten Meinungen verstehen. Woraufhin dann 13 Professoren "im Block" ident abstimmen... in einem 26-köpfigen Gremium.

Ivo By Ivo
Ivo
01. Juni 2025

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Beiträge

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  • Demokratisches (Un)Verständnis
  • Forschungssicherheit und Sicherheits-Checks in heimischen Zielvereinbarungen
  • Gesetzesnovelle zum Universitätsgesetz
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